EmoLogic™ – Von der Kognition zur Emotion

von Carina GRUBER (Herausgeber: Helmut Kammerzelt/Harald Wimmer)

Der Blog “Markt- und Mediaforschung” des Studiengangs Media- und Kommunikationsberatung der FH St. Pölten stellt in regelmäßigen Abständen Seminararbeiten zur Diskussion, die zu ausgewählten und spezifischen Themenbereichen der Markt- und Mediaforschung verfasst wurden.

EmoLogic™

1 Einleitung

Während es eine Vielzahl an Methoden zur Emotions- bzw. Einstellungserhebung gibt, ist das Gebiet der kombinierten, quantitativen Erhebung noch relativ unerforscht. „EmoLogic™“, das von „Made2matter“ und „meinungsraum.at“ gemeinsam entwickelte Marktforschungstool, will diese Lücke in der Marktforschung schließen.

Anzumerken ist, dass es bereits eine Vielzahl an Studien zur Emotionsmessung gibt. Allerdings unterscheiden diese kaum zwischen Markenemotionen, die ausschließlich von der Marke selbst erzeugt werden, und Emotionen, die beispielsweise mittels eines Bildstimulus durch ein Werbemittel hervorgerufen werden. Studien die sich mit der emotionalen Aussage einer Marke, also allen direkten und indirekten Erlebnissen damit beschäftigen, gibt es bis dato nur wenige.[1]

2 Einführung in die Problemstellung

Wurden Emotionen von den griechischen Philosophen noch mit Krankheit gleichgesetzt und als negativer Einfluss auf den Verstand bewertet, zeigt die aktuelle Forschung, dass Emotionen elementar für das Bestehen des Menschen sind. Emotionen sind die Basis für den ordnungsgemäßen Ablauf des Geistes und machen den Menschen zu dem was er ist. In dieser Konsequenz kann in der Marktforschung Kognition nicht unabhängig von Emotion betrachtet werden, wenn ganzheitliche Aussagen erzielt werden sollen. Die Vorstellung des „Homo Oeconomicus“, also des rational, vernünftig und bewusst handelnden Menschen, welche noch zu Beginn der 1990er Jahre herrschte, wurde von Neurobiolog/inn/en widerlegt. Sowohl Antonio Damasio und Joseph LeDoux bewiesen in Experimenten die Notwendigkeit von Emotionen, für das Zustandekommen von Entscheidungen sowie deren Ablauf und Wirken, bevor Bewusstsein zustande kommt. Der – einer Entscheidung vorangehende -Bewertungsprozess basiert auf Abläufen im limbischen System, welche dem Menschen nicht bewusst sind. Galten Emotionen lange als wertlose Nebenerscheinung, sieht die aktuelle Neurowissenschaft Emotionen als die relevante Größe für rationales Denken und Handeln.[2] Menschen agieren zunehmend intuitiver und impulsiver, womit das Bild des Homo Oeconomicus nicht mehr länger haltbar ist. Wie Weinberg bereits 1995 feststellte, rückt die Emotionalisierung des Konsums sowie Erlebnismarketing, aufgrund gesättigter Märkte, immer stärker in den Fokus der Werbetreibenden, weshalb – vor allem für das Marketing -Entwicklungen auf dem Gebiet der Emotionsforschung von großer Bedeutung sind.[3]

3 Emotionen in der Markenführung

Emotionen sind das Ergebnis kognitiver Bewertungen und damit maßgeblich verantwortlich für Entscheidungen und Handeln. So auch für das Verhalten der Konsument/inn/en. Das Zusammenspiel von emotionaler Grundstimmung, Motivation sowie kognitiver Bewertung jeder empfangenen Information führt zu einer individuellen Lebenswelt, welche in Folge über die Einstellungsbildung entscheidet.[4] Das menschliche Gehirn stuft vor allem jene Produkte und Marken als relevant ein, die einen „Wert“ für dieses besitzen. Darunter werden vor allem positive Emotionen verstanden, mit denen diese Objekte verknüpft werden.[5] Damasio stellte die These auf, dass Emotionen immer am Denkprozess beteiligt sind. Folglich können Botschaften, die sich nur an den rationalen Verstand der Konsument/inn/en richten, nie Beachtung finden – selbst nach einer hohen Anzahl an Wiederholungen.[6] Erlebniswelten sowie die emotionale Aufladung der Marke sollen diesen wichtigen Prozess in der Markenführung optimierend unterstützen, da Produkte bzw. Marken oftmals über deren emotionalen Zusatz- und Erlebnisnutzen verkauft werden und weniger über deren funktionalen Produktnutzen. Vorherrschende Kommunikationsbedingungen wie Informationsüberlastung der Konsument/inn/en sowie zeitgleicher Involvement-Abnahme derer, erschweren die Positionierung und Festigung einer Marke in den Köpfen der Konsument/inn/en. Kritisch ist desweiteren anzumerken, dass die stetig steigende Anzahl an Optionsmöglichkeiten für Konsument/inn/en eine rationale Entscheidungsfähigkeit kaum noch ermöglicht. [7]

Oft wird in diesem Zusammenhang auch von „Aufmerksamkeitsökonomie“ gesprochen. Damit beschrieben wird die Tatsache, dass aufgrund der technologischen Entwicklungen und der daraus resultierenden Informationsflut, die Aufmerksamkeit des Menschen als knappe Ressource bezeichnet wird. Limitierend wirken – laut dieser Theorie – nicht mehr die Kosten für die Informationsbereitstellung und -beschaffung, sondern die Aufmerksamkeit der Rezipient/inn/en.

Erst ein Mehrwert durch Emotionen sichert einer Marke bzw. einem Produkt ein Differenzierungs- und damit Alleinstellungsmerkmal in der Masse der austauschbaren Konkurrenzmarken mit demselben funktionalen Produktnutzen. Möll unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass diese Anforderungskomplexität an die Konsument/inn/en nicht mehr rational lösbar ist und nur Emotionen als Stabilisatoren und Orientierungsunterstützung dienen können. Diese Erkenntnis zeigt sich auch dahingehend, dass Konsument/inn/en zunehmend intuitiv und erlebnisorientiert agieren.[8] Markenimage setzt sich sowohl aus subjektivem Wissen über die Marke selbst, als auch über emotionale Beurteilungen zusammen.[9] Dieses Image ist kennzeichnend als Erkennungsmerkmal und Attribut der Marke und kann – bei richtiger Markenführung – als primärer Erfolgsfaktor vor dem eigentlichen funktionalen Produktnutzen gesehen werden. Neben dem Image einer Marke existiert der Begriff „Markenwissen“. Er umfasst sämtliche Assoziationen, Erlebnisse, Wahrnehmungen, Verwendungszusammenhänge und Attribute mit der Marke, die durch Markenlogo und Markenname gestützt werden. Folglich können positive Emotionen zu einer Marke für unser Gehirn anstrengende und langwierige Entscheidungsprozesse erleichtern und abkürzen, da es nach Entlastung strebt.[10] Unser selbstregulierendes psychisches System ist in Alltagssituationen bestrebt, kortikale Entlastung durch eine hohe Anzahl an automatisierten, impliziten Handlungsschemen mit kleinstmöglicher Bewusstseinsbeteiligung zu erreichen.[11] Crimmins stützt diese Erkenntnis, indem er die Wichtigkeit der Beurteilungen von Konsument/inn/en ins Zentrum der Betrachtung einer Marke stellt, denn nur die diese entscheiden laut Crimmins über die Entstehung dieser Marken.[12]

4 Verhaltenswissenschaftliche Forschungsansätze

Bei der Untersuchung des Konsument/inn/enverhaltens gibt es zwei Forschungsrichtungen. Der Behaviorismus zielt auf eine möglichst objektive Analyse des Konsument/inn/enverhaltens ab, weshalb nur Aussagen über beobachtbare Merkmale möglich sind. Es entspricht dem Stimulus-Response-Model in seiner einfachsten Form. Welcher Reiz löst welche Reaktion aus. Kritisch anzumerken ist die fehlende Berücksichtigung des Organismus dazwischen – den inneren Prozessen im Menschen. Diese Problematik versucht der auf dem Behaviorismus aufbauende Neobehaviorismus zu lösen, indem er eben diese inneren Prozesse im Organismus zu messen versucht.[13] Für Bechara und Damasio sind diese internen Prozesse insofern hervorzuheben, da ein Großteil der Konsumscheidungen unbewusst und somit unter Einfluss von Emotionen getroffen wird.[14] Erst ein Verständnis dieser Prozesse ermöglicht eine Einflussnahme darauf, was vor allem für das Marketing von Interesse ist. Während die qualitative Marktforschung versucht die elementaren Motive, Einstellungen und Emotionen zu ermitteln, hat die quantitative Marktforschung das Ziel, deren Ausprägung in der jeweilig definierten Zielgruppe festzustellen.[15]

5 Ansätze zur Messung von Emotionen

Um valide Erkenntnisse über die Emotionen von Menschen zu erlangen, bedarf es Methoden, die den Mensch ganzheitlich über mehrere Ebenen betrachten.

Sowohl Izard als auch Plutchik wiesen in ihren Arbeiten auf die drei klassischen Verhaltensebenen hin, die für eine aussagekräftige Datengenerierung zur Emotionsbeschreibung notwendig sind. Diese Erhebung kann nur indirekt und über zuvor definierte Parameter erfolgen.[16] Möll empfiehlt bei einer Untersuchung alle drei Ebenen zu berücksichtigen, um ein möglichst detailliertes Gesamtbild zu erhalten. Allerdings merkt er an, dass dies aus ökonomischen Limitierungen in der Forschung nicht immer möglich sei. Er begründet seine Empfehlung durch die kennzeichnende Eigenschaft von Emotionen stets in allen drei Ebenen aufzutreten. Somit erscheint es nur sinnvoll, auch alle „Erscheinungsorte“ bei der Messung zu berücksichtigen. Die drei Ebenen umfassen die motorische, subjektive sowie die physiologische Ebene, wobei jede dieser Ebenen seine Spezifika aus Methodensicht aufweist.[17]

5.1 Motorische Ebene

Bei der motorischen Ebene wird auf die Beobachtung des unmittelbar sichtbaren Verhaltens abgezielt. Dies kann sich durch händereiben, kratzen oder Mimik-Veränderung äußern. Herausforderung bei der Erhebung auf dieser Ebene ist die Differenzierung zwischen „Normalzustand“ der Testperson und Zustand, der durch einen Stimulus ausgelöst wird.

Möll merkt positiv an, dass es sich bei dieser Messung um ein non-reaktives Verfahren handelt und nennt zugleich die Gefahr des Manipulationseinflusses seitens der Proband/inn/en. Diese könnten bewusst ihre Körpersprache kontrollieren, was zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen kann. Weiters merkt er an, dass großes Augenmerk auf die Analyse dieser Daten gelegt werden muss, welches eine gute Schulung der Beobachter/innen voraussetzt, um den Interpretationsspielraum zu limitieren.[18]

Als aktuelles Beispiel der Marktforschung, welches auf Basis automatisierter Gesichtserkennung Emotionen erhebt, sollte hier der GfK „EMO Scan“ genannt werden. Dieses computergestützte Marktforschungstool kombiniert Messergebnisse sowohl auf der motorischen als auch auf der physiologischen Ebene durch Hautleitfähigkeit.[19]

5.2 Physiologische Ebene

Aufgrund des Konnexes zwischen körperlicher Reaktion und Emotion wird die Messung auf der physiologischen Ebene, oft in der Literatur als die am besten geeignetste Ebene, beschrieben.[20]

Dies begründet sich durch die Aussagengewinnung ohne Limitierung durch Auskunftsfähigkeit bzw. Auskunftsbereitschaft der Proband/inn/en. Für die Messung auf dieser Ebene spricht desweiteren die geringe Einflussmöglichkeit der teilnehmenden Personen auf biologische Merkmale, wie Hautleitfähigkeit oder Puls, welches sich positiv auf die Datenqualität auswirkt.

5.3 Subjektive Ebene

Auf dieser Ebene gibt die Untersuchungsperson selbst subjektive Angaben. Dies setzt voraus, dass die Person sich ihrer Emotionen bewusst ist und gemäß ihrer Empfindung und Interpretation dieser darüber Auskunft geben kann.[21]

Die Qualität derartiger Angaben ist einerseits stark von der Verbalisierungsfähigkeit der Probanden/inn/en abhängig, sowie andererseits von ihrer Bereitschaft, darüber Auskunft zu geben. Die Auskunftsbereitschaft ist vor allem bei Fragestellungen, die den persönlichen Bereich betreffen, kritisch zu hinterfragen, da dieser Bereich oft zu sozial erwünschten Antworten verleitet. Als weiteren Kritikpunkt dieser Ebene ist anzumerken, dass die Teilnehmer/inn/en über ihre Antwort bewusst nachdenken und somit das eigentliche Ziel, nämlich unbewusste Emotionen zu erheben, nicht erfüllt.

Als Lösungsansatz für die Problematik der Verbalisierungsfähigkeit sollen non-verbale Erhebungsverfahren wie beispielsweise Fragebögen, Bilderskalen, Rating-Skalen oder projektive Verfahren, dienen.[22] Möll führt als weiteres Beispiel das von Desmet entwickelte „Product Emotion Measurement Tool“ an, welches verschiedene Animationen als Antwortauswahl beinhaltet, und jede Figur repräsentativ für eine spezifische Emotion steht.[23]

Auch das in dieser Arbeit zu beschreibende EmoLogic™ Verfahren nutzt die non-verbale Messung mittels Bilderskalen. Nach den Erläuterungen über die Problemstellung sowie derzeitige Verfahren auf dem Gebiet der Emotionsmessung wird im folgenden Kapitel näher auf die Methodik und Spezifika des EmoLogic™ eingegangen.

6 EmoLogic™

„Made2Matter the Real-Time Marketing Bureau“ entwickelte – in einer Kooperation mit „meinungsraum.at“ sowie einem Team von Psychologen und Semiotik-Experten – das Marktforschungstool „EmoLogic™“. Ziel dieser Methodik ist die Ermöglichung einer quantitativen Erhebung von Emotionen, welche die Problematik der Verbalisierungsfähigkeit sowie sozial erwünschte Antworten ausschließt. Emotionen beeinflussen das Kaufverhalten, und bis dato konnte nur in Fokusgruppen qualitativ mehr über die Einstellungen und Motive der Konsument/inn/en in Erfahrung gebracht werden. Dieses non-verbale Verfahren soll ermöglichen, quantitativ mittels Bilderskala sowohl Aufschluss über die Emotionen, als auch die Kognitionen und somit über das ganzheitliche Bild der Konsument/inn/en zu geben.

6.1 Methodik

Als Basis diente das „Wheel of Emotions“, welches vom Psychologen Robert Plutchik im Zuge seiner Emotionstheorie entwickelt wurde.[24] Dieses dreidimensionale Modell enthält unteranderem acht Basisemotionen, welche Plutchik durch die drei Parameter Intensität, Polarität und Differenzierbarkeit detaillierter abstuft. Plutchik definierte darin folgende Basisemotionen: Freude, Vertrauen, Angst, Überraschung, Traurigkeit, Ekel/Abneigung, Ärger und Erwartung.[25] Den jeweiligen Emotionen wurden in einem Verfahren mit über 3000 Testpersonen Bilder zugeordnet. Dadurch entstand eine Bilddatenbank mit mehr als 500 Bildern, repräsentativ für 27 Emotionen. In Abhängigkeit der Fragestellung wird für jede dieser Emotionen eine Auswahl an Bildern als Antwortoption ausgespielt. Die Versuchsperson wählt intuitiv mittels „drag and drop“ das für ihn/sie Passende aus und wird in einem weiteren Schritt aufgefordert, dieses auf einer Skala von 0-100 zu gewichten. Je näher das Bild bei dem Wert 100 positioniert wird, desto eher trifft es für die Versuchsperson zu. Diese Schritte umfassen den emotionalen Teil der Messung. Um ein ganzheitliches Bild zu erhalten folgt eine kognitive Befragung, welche Plutchiks acht Basisemotionen zum Inhalt hat („macht mir Freude“, „vertraue ich“, „überrascht mich immer wieder“,…). Dies kann als Besonderheit dieses Verfahrens genannt werden. Es wird das Verhältnis von Emotionen und kognitiven Verhalten ermittelt und statistisch in Beziehung zueinander gesetzt.[26]

6.2 Die Pilotstudie

Im Oktober 2014 wurde die Anwendung des neu entwickelten Tools in einer Markenstudie über den österreichischen Lebensmitteleinzelhandel getestet. Die zu untersuchende Fragestellung, welche Emotionen mit welchem Anbieter seitens der Kund/inn/en assoziiert und empfunden werden ist vor allem für die Branche selbst spannend und wichtig.

Der Handel hat längst bemerkt, dass die Relevanz einer Marke mit Wettbewerbsfähigkeit gleichzusetzen ist. Positionierung in gesättigten Märkten erfolgt zumeist über Differenzierung, dafür bedarf es einer genauen Kenntnis der Kund/inn/enbedürfnisse und Motive.[27] Die Studie beweist durch ihre Ergebnisse, die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Emotionen, da sich zwischen den erhobenen kognitiven und emotionalen Daten signifikante Unterschiede zeigten. Wurde die Gesamtbranche von den Kund/inn/en in der klassischen kognitiven Befragung als weitgehend homogen und kaum unterscheidbar beurteilt, zeigten die Ergebnisse auf der emotionalen Ebene ein deutlich differenzierteres Bild. Die Basisemotion „Vertrauen“ nimmt vor allem in der kognitiven Ebene einen wichtigen Stellenwert ein, während auf emotionaler Ebene die Basisemotion „Freude“ stärker ausgeprägt ist. Laut Plutchiks Emotionstheorie resultiert aus diesen beiden Basisemotionen Liebe, welcher von der Handelskette Hofer am Stärksten bedient wird.[28] Diese durch Kombination von Basisemotionen gewonnen neuen Emotionen nennt Plutchik Dyaden bzw. Triaden.[29] Generell lässt sich bei den Ergebnissen feststellen, dass die Ausprägungen der Angaben auf kognitiver Ebene deutlich geringer ausfallen als auf der emotionalen Ebene. Lidl, die zweitplatzierte Handelskette in dieser Studie, wird beispielsweise laut klassischer Befragung von nur 31 Prozent kognitiv jedoch von 76 Prozent emotional mit „Liebe“ bewertet. Durch die Studie konnte desweiteren ein Zusammenhang zwischen der geographischen Nähe einer Filiale und positiver Emotionen festgestellt werden. So zeigten die Ergebnisse, dass Billa eher Zustimmung im Osten als im Westen Österreichs findet, Hofer über das gesamte Bundesgebiet gleichmäßig „geliebt“ wird und Merkur in Wien geringen positiven Anklang findet.[30] Als weitere Erkenntnis konnte festgestellt werden, dass kognitiv nicht feststellbare negative Emotionen, wie „Ablehnung“, gegenüber einer Marke erst durch die Erhebung auf emotionaler Ebene erkennbar wurden. Dies ist insofern bemerkenswert, da derartige Daten bis dato nicht erhoben wurden und folglich in der Markenführung nicht berücksichtigt werden konnten. Durch die quantitative Erhebung wird eine detaillierte Analyse der Ergebnisse nach Alter und Geschlecht ermöglicht. Dies erlaubt eine zielgruppenspezifische Analyse der Konsument/inn/en. So zeigen die Ergebnisse, dass Billa stärker von Frauen bevorzugt wird, Spar vor allem in der Zielgruppe der 26 bis 35-Jährigen beliebt ist, sowie dass Hofer signifikant männlich ist und eigentlich zwei Hauptzielgruppen hat. Zum einen ebenfalls die 26 bis 35-Jährigen sowie zum anderen die Generation 56+.[31] Neben den verbundenen Emotionen zu einer Marke und Konsument/inn/enprofilen ermöglicht EmoLogic™ die Ermittlung von „Treibern“, die für einen Kauf ausschlaggebend sind. Laut Analyse der 14 in der Studie untersuchten Treiber, weist nur eine geringe Anzahl der untersuchten Marken eine Deckungsgleichheit zwischen kognitiven und emotionalen Treibern auf. An der Marke Billa zeigte sich, dass der Treiber „Angebotsgestaltung“ auch zu negativen Emotionen wie „Abneigung“ führen kann. „Online-Shopping Optionen“ hatten auf beiden gemessenen Ebenen eine hohe Relevanz für die Konsument/inn/en.[32]

Die Pilotstudie liefert auf konkreten Zahlen basierende Ergebnisse im Bezug auf die ganzheitliche Betrachtung des/der Konsumenten/Konsumentin.

6.3 Einsatzmöglichkeiten

EmoLogic™ eignet sich vor allem auf dem Gebiet der Erforschung des Konsument/inn/enverhaltens. Jedoch hilft es nicht nur bei der Erfassung der Kund/inn/enbedürfnisse und deren Motive, sondern auch beim Markenaufbau, Beziehungsaufbau sowie Informationsaustausch. Durch die von der Zielgruppe verbundenen Einstellungen zu einer Marke kann dessen „wahre“ Positionierung eruiert und gegebenenfalls optimiert werden. Mit EmoLogic™ lässt sich die gesamte Branche mit konkreten Daten über die relevanten Differenzierungskriterien abbilden. Dieser nonverbale Methodik-Ansatz wurde vor allem konzipiert, um Emotionen quantitativ in Online-Umfragen in hoher Fallzahl zu erheben, und um erstmals Emotion und Kognition statistisch zu verbinden. Zielgruppengenaue Onlineumfragen können somit Aufschluss über zukünftige Positionierungen geben. Durch die quantitative Online-Forschung können Rückschlüsse gewonnen werden, was beispielsweise Online-Shopper/innen von Retail-Nutzer/inn/en differenziert. Wie bereits in der Pilotstudie umgesetzt, kann EmoLogic™ Aufschluss über regionale Differenzierungen in der Markenbeurteilung liefern, was vor allem für national tätige Unternehmen relevant ist.[33]

Die angeführten Anwendungsbereiche beziehen sich derzeit nur auf die Empfehlungen möglicher Einsatzfelder, da diese Methodik bisher lediglich in einer Pilotstudie umgesetzt wurde. Ob die daraus gewonnen Erkenntnisse und Handlungsweisungen valide und konstruktiv für einen regelmäßigen Einsatz in der Marktforschung sind, bleibt abzuwarten.

6.4 Diskussion über die Grenzen der Methodik

Wie alle Online-Erhebungsmethoden birgt auch diese Methodik die Gefahr des Non-Response. Des Weiteren könnten teilnehmende Versuchspersonen aufgrund der Abwesenheit eines Interviewers/einer Interviewerin die Befragung mit geringer Ernsthaftigkeit durchführen. Gemeint ist das „Durchklicken“, womit die Beantwortung nur Mittel zum Zweck ist. Einfluss darauf hat unter anderem die Dauer der Befragung. So können längere Befragungen zu Ermüdungserscheinungen bei den Versuchsteilnehmer/inn/en führen. Jedoch ist eine derartige Limitierung bei dieser Methodik als gering einzustufen, da die Bilderskala gegenüber einer klassischen Rating-Skala motivierender wirkt. Kritischer zu betrachten sind die Antwortbilder selbst. Das Bildmotiv an sich kann für jede Testperson eine individuelle Bedeutung haben. So muss ein Bild mit einer Spinne nicht zwangsläufig für „Ekel“ oder „Ablehnung“ stehen. Auch der Entscheidungsprozess, welches Bild ausgewählt wird, lässt Diskussionsraum. Laut den Entwickler/inne/n wählen die Proband/inn/en intuitiv. Jedoch sehen sich diese die Auswahloptionen der Reihe nach an, wodurch die Spontanität eingeschränkt ist und durchaus kognitive Prozesse bei der Entscheidung denkbar wären. Da die teilnehmenden Personen wissen, dass ihre Entscheidungen von Interesse sind, könnten sie verleitet sein, in den Bildmotiven etwas zu deuten und so eine vermutete „erwünschte“ Antwort geben. Die Gewichtung der Bildauswahl, auf der 100-stufigen Skala im zweiten Schritt der Erhebung auf emotionaler Ebene, birgt die Problematik, dass Emotionen von Menschen verschieden empfunden und beurteilt werden. Für den Durchschnittsmenschen ist eine Beurteilung der Intensität eines Gefühls als durchaus fordernd zu bezeichnen. Generell Bedarf eine derartige Methodik eine ausführliche Erklärung bezüglich der Durchführung. Vor allem wenn Ergebnisse über die gesamten Konsument/inn/enschaft erzielt werden sollen. „Drag and drop“ Menüs oder dergleichen haben nicht nur Erklärungsbedarf bei der Generation 65+, sondern auch bei Personen mit wenig Online-Affinität. Fraglich ist auch der von den Entwickler/inne/n empfohlene Einsatz bei der Abtestung zukünftiger Kommunikations-Konzepte und Positionierungen. EmoLogic™ erhebt Emotionen die Personen bereits zu einer Marke haben, daher ist fraglich wie diese Methodik zukünftige Einstellungen erheben und folglich valide Daten darüber liefern soll. Wie bereits im vorherigen Kapitel angesprochen, können sowohl über die Einsatzbereiche als auch über die Validität von EmoLogic™ nur Vermutungen angestellt werden, da mit Ausnahme der Pilotstudie weitere Studien in der Praxis fehlen.

7 Fazit und Ausblick

Wie auch schon Möll feststellte, sind die bisherigen Methoden zur Emotionsmessung als hilfreich und nutzungsstiftend zu bezeichnen, jedoch nicht ausreichend um ein vollkommenes Bild zu erhalten. So ist die Vollständigkeit der Emotionserhebung auf subjektiver Ebene limitiert, da ein gewisser Teil der emotionalen Vorgänge unbewusst abläuft.[34] Generell muss zu der indirekt psychologischen Methode von „EmoLogic™“ angemerkt werden, dass es keine wissenschaftlichen Belege über deren Validität der Ergebnisse gibt. Auch die Objektivität – sowie der subjektive Interpretationsspielraum – bei der Ergebnisanalyse lässt Raum für Diskussionen. Positiv anzumerken ist allerdings, dass durch derartige Verfahren Daten ermittelt werden können, die durch klassische Befragungen nicht identifizierbar wären. In Kombination mit klassischen Marktforschungsmethoden stellen diese neueren Ansätze jedoch eine sinnvolle Ergänzung dar, wenn deren Spezifika aus Methodensicht Berücksichtigung findet.

Quellenverzeichnis

Dieckmann, Anja/ Grabas, Jens (2014): Ein Inter-Face für Emotionen. in: turmdersinne.de, http://www.turmdersinne.de/de/veranstaltungen/vortragsreihen/2014/abstract-dieckmann-garbas, (Abruf 8.7.2015)

Gutjahr, Gert (2011): Psychodynamik. Wirkung unbewusster Prozesse, in Naderer, Gabriele/Balzer, Eva (Hrsg.): Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Gabler Verlag

Klusendick, Marina (2011): Kognitionspsychologie. Einblicke in mentale Prozesse, in Naderer, Gabriele/Balzer, Eva (Hrsg.): Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Gabler Verlag

Kroeber-Riel, Werner/Weinberg, Peter/Gröppel-Klein, Andrea (2009): Konsumentenverhalten. 9. Aufl., München: Vahlen Verlag

Lönneker, Jens (2011): Morphologie. Die Wirkung von Qualitäten – Gestalten im Wandel, in Naderer, Gabriele/Balzer, Eva (Hrsg.): Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Gabler Verlag

Meinungsraum.at, (2015): Informationen zum Tool und Ergebnisse der Pilotstudie, in: meinungsraum.at, http://meinungsraum.at/wp-content/uploads/2015/01/meinungsraum.at_made2matter_emologic.pdf, (Abruf 6.7.2015)

Möll, Thorsten (2007): Messung und Wirkung von Markenemotionen. 1. Aufl., Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag

Zwerger, Willy (2015): Österreich steht auf Hofer, in: CASH, Nr. 1, S. 52-55.

[1] Vgl. Möll, Thorsten (2007): Messung und Wirkung von Markenemotionen. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 9.

[2] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 1f.

[3] Vgl. Weinberg (1995a) zit. n. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten. 9. Aufl., München: Verlag Vahlen, S. 101.

[4] Vgl. Klusendick, Marina (2011): Kognitionspsychologie. Einblicke in mentale Prozesse, in Naderer, Gabriele/Balzer, Eva (Hrsg.): Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 121.

[5] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 2f.

[6] Vgl. Damasio (2004) zit. n. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten. 9. Aufl., München: Verlag Vahlen, S. 102.

[7] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 2f.

[8] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 4.

[9] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 197, zit. n. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 4f.

[10] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 4f.

[11] Vgl. Gutjahr, Gert (2011): Psychodynamik. Wirkung unbewusster Prozesse, in Naderer, Gabriele/Balzer, Eva (Hrsg.): Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 79f.

[12] Vgl. Crimmins, 2000, S. 136ff, zit. n. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 14.

[13] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 5.

[14] Vgl. Bechara/Damasio, 2005, S. 353, zit. n. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 5.

[15] Vgl. Lönneker, Jens (2011): Morphologie. Die Wirkung von Qualitäten – Gestalten im Wandel, in Naderer, Gabriele/Balzer, Eva (Hrsg.): Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 113.

[16] Vgl. Izard, 1999, Plutchik, 1994, S. 107 ff, zit. n. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 65.

[17] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 65.

[18] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S 67.

[19] Vgl. Dieckmann, Anja/ Grabas, Jens (2014): Ein Inter-Face für Emotionen. in: turmdersinne.de, http://www.turmdersinne.de/de/veranstaltungen/vortragsreihen/2014/abstract-dieckmann-garbas, (Abruf 8.7.2015)

[20] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 65.

[21] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 65.

[22] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 68.

[23] Vgl. Desmet, 2004, zit. n. Möll, Markenemotionen, S. 69.

[24] Vgl. Zwerger, Willy (2015): Österreich steht auf Hofer. CASH 1, S. 53.

[25] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten. 9. Aufl., München: Vahlen Verlag, S. 113.

[26] Vgl. Zwerger, Pilotstudie CASH, 2015, S. 53.

[27] Vgl. Meinungsraum.at, (2015): Informationen zum Tool und Ergebnisse der Pilotstudie, in: meinungsraum.at, http://meinungsraum.at/wp-content/uploads/2015/01/meinungsraum.at_made2matter_emologic.pdf, (Abruf 6.7.2015)

[28] Vgl. Zwerger, Pilotstudie CASH, 2015, S. 53f.

[29] Vgl. Plutchik (2003) zit. n. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten. 9. Aufl., München: Verlag Vahlen, S. 113.

[30] Vgl. Zwerger, Pilotstudie CASH, 2015, S. 53f.

[31] Vgl. Zwerger, Pilotstudie CASH, 2015,S. 54f.

[32] Vgl. Meinungsraum.at, Informationen zum Tool und Ergebnisse der Pilotstudie, 2015, (Abruf 6.7.2015)

[33] Vgl. Meinungsraum.at, Informationen zum Tool und Ergebnisse der Pilotstudie, 2015, (Abruf 6.7.2015)

[34] Vgl. Möll, Markenemotionen, 2007, S. 79.